„Ich habe alles – was fehlt mir?“

Urlaub für die Seele

„Ich habe alles – was fehlt mir?“Das ist die Frage, die ich mir nach jeder Taizé-Woche immer mehr stellte.Dort, in Taizé, gibt es nur das Nötigste zum Leben: eine Barackensiedlung und Zeltplatz, einfaches Essen, staubige Straßen. Und Menschen aus aller Welt, mit denen man sich herzlich austauscht. Und Brüder und eine Kirche, in der man sich zuhause fühlt und in der alle gemeinsam 3x täglich miteinander auf vielen Sprachen beten, mit Gesang, kurzen Texten und in Stille.

Nach jeder Woche dort als Jugendlicher fühlte ich mich wie neu geboren.Es war Urlaub für meine Seele, und nach jedem ganz normalen Jahr mit Schule und materiellem Überfluss war ich immer wieder durstig auf den nächsten Seelen-Urlaub.

Der einzige Haken an diesem tollen Ort war, dass ich ihn nicht so leicht mit nach Hause nehmen konnte.Wie nehme ich Taizé – also das lebendige Gefühl, das ich dort habe – mit nach Hause?Taizé-Gesänge alleine sind nicht das gleiche.Auch in kleinen Gruppen, die sich nur ab und an trafen, fehlte für mich die Kraft, um gegen den Sturm des Überflusses, in dem wir leben, ankommen zu können.

Taizé mit nach Hause nehmen.So formulierte ich lange das Ziel meiner spirituellen Entwicklung.Mehr als 10 Jahre später bin ich dankbar, dass ich diesen Traum schon auf gewisse Art lebe.Meine Seele kann sich zuhause und lebendig fühlen auch wenn ich alleine (all-ein) bin, also egal an welchem Ort.Wobei ich schöne Orte wie den Beuerhof und gute Gesellschaft trotzdem oder deshalb zu schätzen weiß – dort kann jeder leicht all-ein sein und gleichzeitig miteinander verbunden.

So verbrachte ich im Oktober ein Wochenende mit anderen Menschen mit Selbstheilungserfahrung, und wir erschufen uns einen Taizé-haften Raum:Gott war in unsere Mitte eingeladen, wir trauten uns authentisch zu sein, und be-geist-ert wirkten wir zusammen.Es war wunderschön und leicht, mit einer aus allen Herzen strahlenden Freude und gleichzeitig einem Bewusstsein dafür, etwas Größerem zu dienen.

An diesem Wochenende ruhte ich viel in meinem Herzen, spürte, wie es uns ging und ob es etwas von meiner Seite brauchte.Das präsent-und-authentisch-sein-Können ist keine Gabe, ich habe es erlernt.Früher war ich selbst ziemlich verkopft und bin es heute noch immer wieder mal, aber lange nicht so intensiv und nur für kurze Zeit, dann komme ich recht zuverlässig fast automatisch wieder zu mir.Wenn ich verkopft war oder bin, können die tollsten Menschen neben mir sein, ich kann ihre Wärme nur zu einem Bruchteil an mich heranlassen und spüren und sie erwidern.

Ich fühlte mein Gegenüber vor lauter Gedanken nicht.Ich fühlte mich oft selbst nicht und interessierte mich nicht einmal dafür, wie es mir ging.Als mich mein Yogalehrer fragte, ob ich glücklich sei, war ich erstmal stutzig, denn diese Frage stellte ich mir bis dahin nie.Ich ahnte nicht, was ich verpasste.

Ich war schon Mitte 20, als ich auf einem Gemeinschaften-Festival zum ersten Mal bewusst erlebte, welch ein Geschenk Gemeinschaft ist und dass es mit wildfremden Menschen möglich ist, WENN beide ihre Herzen öffnen können.

Dies müssen die meisten in unserer Gesellschaft Aufgewachsenen als Erwachsene wieder erlernen, weil wir uns als Kinder angepasst haben und uns die Fähigkeit, mit offenem Herzen die Welt zu erleben („man sieht nur mit dem Herzen gut“), haben aberziehen lassen.Mein Lieblingswerkzeug dafür ist die einfache, effektive und überraschend angenehme Selbstheilungsmethode Glückseligkeits-Therapie, mit der ich andere Menschen begleite.

Morgen fahren wir nach einigen Jahren der Pause (kleines Baby, Corona) endlich wieder an den für mich schönsten Ort der Welt, wo ich (und alle anderen auch) einfach ich selbst sein und mühelos seelisch wachsen kann.

Wie und wo macht deine Seele am Liebsten Urlaub?

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